Traumatherapie: Bin ich traumatisiert? Was sind Anzeichen für ein Trauma?

Das passiert in unserem Nervensystem, wenn ein Trauma aktiviert wird

Wenn du angefangen hast, hier zu lesen, weil du dich fragst, ob du traumatisiert bist, dann ist die Antwort auf diese Frage wahrscheinlich: ja. Denn Trauma bedeutet zunächst einmal Wunde oder Verletzung, und es ist ganz normal, dass wir so etwas in unserem Leben erfahren. Wir haben schließlich auch viele Fähigkeiten mitbekommen, um solche Verletzungen zu verarbeiten.

Von einem Trauma sprechen wir in der Regel dann, wenn diese Verarbeitung nicht geglückt ist. Ich möchte hier zunächst einmal zwei Formen unterscheiden: 
Schocktrauma und Bindungs- oder Entwicklungstrauma.
Ein
Schocktrauma kann entstehen, wenn ein Mensch etwas erlebt, das für ihn bedrohlich, überwältigend oder unfassbar bleibt und sich schützt, indem er sich totstellt und dabei im Entsetzen stecken bleibt. Ein Unfall, ein Sturz, ein medizinischer Notfall aber auch Naturkatastrophen können so etwas auslösen. Symptome sind: Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit, emotionale Taubheit, innere Zerrissenheit, Rückzug, Scham- und Schuldgefühle, aber auch Flashbacks, ausgelöst durch äußere Reize.

Ein
Entwicklungstrauma oder Bindungstrauma hat etwas mit der Beziehung zu anderen Menschen zu tun. Wenn ein Kleinkind in seinem Aufwachsen wenig gesehen wird und zu wenig emotionalen Halt erlebt, wenn es wenig empathisch gespiegelt wird oder das Gefühl vermittelt bekommt: du bist okay so wie du bist - dann kann ein Entwicklungs- oder Bindungstrauma entstehen. Typische Symptome sind: Innere Anspannung und Unruhe, Gefühle von Schuld und toxischer Scham, Innere Leere, emotionale Überreaktion, Schlafstörungen, Selbstwertprobleme, das Gefühl, das Leben wie durch Watte zu erleben, Schwierigkeiten, eine stabile Partnerschaft einzugehen.


Kennzeichnend für ein Trauma ist, dass wir etwas erlebt haben, das uns überwältigt hat und wir keine Gelegenheit hatten, uns in Sicherheit zu bringen, nämlich wegzulaufen und zu fliehen oder anzugreifen und uns zu wehren. So bleibt als Schutzmechanismus nur noch das Einfrieren und Totstellen. Der Körper hat aber als Antwort auf die Bedrohung eine hohe Energie bereitgestellt, die jetzt nicht genutzt sondern quasi eingefroren wird. Vereinfacht gesagt, bleibt diese hohe Ladung im Nervensystem stecken, und es kann sein, dass sie später, ausgelöst durch scheinbar harmlose Trigger - wieder aktiviert wird. Das führt dann zu diesen unangenehmen Überreaktionen, die eigentlich jeder kennt, und die wir uns oft erstmal nicht erklären können, weil die durch scheinbar harmlose Situationen ausgelöst werden.

In der Traumatherapie mit Somatic Experiencing®nach Dr. Peter Levine geht es darum, diese "eingefrorene Energie" im Körper aufzuspüren und sie allmählich, d.h. tröpfenweise in einem sicheren Rahmen, liebevoll begleitet wieder "aufzutauen". Dies geschieht in einer achtsamen Atmosphäre, damit wir eine neue Erfahrung machen können - nämlich die, dass es möglich ist, uns nach einer Aktivierung auch wieder zu regulieren.

Wenn du merkst, dass du etwas dich mehr triggert und aktiviert als du es dir gerade wünschst, probiere folgendes aus: Schaue dich um, ganz langsam, ohne etwas zu fokussieren. Nimm wahr, dass du jetzt gerade in Sicherheit bist.
Hebe deinen Blick, schau möglichst nach oben und in die Weite, vielleicht aus dem Fenster oder in die Weite in der Natur. Falls das nicht möglich ist, finde an dem Ort, wo du gerade bist, irgendetwas das dir gefällt und gut tut. Bleibe eine Weile da mit deinem Blick, beobachte deinen Atem und was in dir geschieht während du so schaust.

Mehr über meinen Ansatz der Traumatherapie mit Somatic Experiencing® findest du
hier.

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