Familienaufstellung: Was macht eigentlich ein Stellvertreter?

Familienaufstellung: Warum auch Stühle gute Stellvertreter sein können?

"Karin, was ist eigentlich ein Stellvertreter?"Diese Frage stellen Klient:innen, die noch nie an einer Familien- oder Systemaufstellung teilgenommen haben, mir recht häufig. Und ich mag solche Fragen sehr, denn sie holen einen nochmal dahin zurück, wo alles mal begonnen hat, auch für mich, die sich schon seit Jahrzehnten mit Aufstellungsarbeit beschäftigt.


Selbst aufstellen oder Stellvertreter:in sein

Für eine Aufstellung in einer Gruppe  kommen derzeit bei mir sechs bis zehn Menschen zusammen. Drei bis vier haben ein Anliegen, für das sie mit Hilfe einer Aufstellung eine Lösung finden möchten. Mit denen habe ich ein paar Tage vorher ausführlich gesprochen und geklärt, worum es gehen soll. Die anderen sind als Teilnehmer*innen dabei und stehen in Absprache als Stellvertreter*innen zur Verfügung.
Vor jeder Aufstellung kläre ich nochmals das Anliegen und den Auftrag, also die Frage, worum es in der Aufstellung gehen soll und welches Ergebnis für den Klient*in hilfreich wäre. Dann entscheiden wir, welche Personen dazu aufgestellt werden müssen.
Der/die Aufstellende wählt aus dem Kreis der Teilnehmer*innen Stellvertreter*innen für sich und die anderen Positionen und führt diese aus dem Gefühl heraus an einen Platz in dem Raum. Dann zieht sich der/die Aufstellende aus dem Geschehen zurück und schaut sich das Ganze von außen an.

Die Stellvertreter*innen entwickeln unter meiner Anleitung und geführt durch Fragen über mehrere Schritte hinweg eine Lösung. Dass diese gefunden ist, merkt man daran, dass sich alle im Feld gut fühlen und "ihren Platz" gefunden haben, an dem sie entspannt stehen können. Erst dann steigt der/die Aufstellende wieder ein und nimmt die Lösung in sich auf.
Klingt vielleicht erstmal komisch, ist aber ein ganz natürlicher Prozess, der allerdings noch nicht bis ins Detail erforscht ist. Es hat vermutlich aber viel mit unseren Spiegelneuronen zu tun und das Geschehen folgt einer nachvollziehbaren Systematik. Vieles erkläre ich während der Aufstellung oder danach. Denn mir ist es wichtig, dass sowohl der/die Aufstellende als auch die Teilnehmer *innen nachvollziehen können, was da passiert.

So eine Stellvertretung übernehmen kann übrigens jeder Mensch, der psychisch gesund und in der Lage ist, sich empathisch in andere hineinzuversetzen. Man braucht dafür keine besonderen Fähigkeiten oder Kenntnisse. Viele sagen sogar, dass für sie das Erleben in der Rolle als Stellvertreter*in sogar intensiver ist als wenn sie selbst aufstellen. Die meisten nehmen aus einer Stellvertretung viel für sich selbst mit. Ich empfehle grundsätzlich, erstmal als Stellvertreter*in teilzunehmen, um mich und die Arbeit besser kennenzulernen.



von Karin Heidt 8. Oktober 2025
GRÜN - "Soziales Miteinander: Ich bin!" Stell dir vor, du hast einen freien Tag, genießt Zeit mit Freunden oder der Familie in der Stadt und sitzt in einem Cafe´. Ihr plaudert angeregt und vergesst die Zeit. Du willst zahlen, greifst in deine Tasche - dein Geldbeutel ist nicht mehr da, du wirst unruhig und durchwühlst deine Tasche. GELB - "Mobilisierung - Aktvierung: Ich kann!" Dein Sympathikus wird aktiv, Adrenalin schießt durch deinen Körper, versetzt alle Sinne in erhöhte Alarmbereitschaft. Die Menschen, die mit dir sind, helfen dir beim Suchen: Wo bist du zuletzt gewesen, wo könntest du es liegen gelassen haben? Die Gespräche machen dich noch nervöser. Die Geldbörse ist wirklich nicht in deiner Tasche. Könnte sie irgendwo liegen geblieben sein? Ihr geht gemeinsam nochmal zurück in die Geschäfte, in denen ihr wart, aber das ist nichts, auch nichts abgegeben worden. Du möchtest ruhig bleiben, aber es gelingt dir nur begrenzt. Du warst kurz vorher am Geldautomaten und hast eine größere Summe abgehoben. ROT - "Immobilisation - Resignation: Ich kann nicht!" Ob dich wohl jemand beobachtet und danach beklaut hat? Du merkst, wie du das nicht denken willst, aber du kommst nicht dagegen an. Du bist schonmal beklaut worden, das ist Jahre her, aber die Erinnerung kommt jetzt einfach wieder hoch... Du merkst, wie du nur noch flach atmest und innerlich wie erstarrst. Dein Nervensystem ist in hoher Alarmbereitschaft und friert ein... Einer deiner Begleiter nimmt sich nochmal deine Einkaufstaschen vor, räumt alles aus und durchforstet den Inhalt gründlich. Endlich kommt das Erlösende: Hier ist es! Du hast deine Geldbörse versehentlich beim Einpacken der neuen Hose mit in die Einkaufstasche gesteckt. Alles ist noch da: deine Ausweise, deine Karten, das Bargeld. GELB - "Mobilisierung - Aktvierung: Ich kann!" Du merkst, wie die Sorgen und Gedanken von dir abfallen, wie du wieder tiefer atmen kannst, du schaust hoch und in die freundlichen Augen der Menschen, die mit dir gesucht haben. Du bist erleichtert, die anderen sind es auch, alle freuen sich. Dein Nervensystem beruhigt sich. Der Parasympathikus ist aktiv und fährt die gesamte wieder runter. GRÜN - "Soziales Miteinander: Ich bin!" Ihr seid euch einig: Das gute Ende muss gefeiert werden! Ihr geht nochmal ins Café und stoßt darauf an, dass alles so gut ausgegangen ist.
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Wie steht es um deine Resilienz? Mit dieser Kurzanleitung kannst du testen, welche deiner sieben Säulen sicher und stabil dastehen und welche noch etwas mehr Aufmerksamkeit brauchen.
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von Karin Heidt 10. Januar 2025
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Manchmal halten wir an Altem fest, obwohl wir längst spüren, dass uns das gar nicht gut tut und wir das gar nicht wollen. Mit der von mir gesprochenen Meditation "Abschied und Neubeginn" kannst du dich liebevoll und wertschätzend von etwas verabschieden, das in der Vergangenheit noch gesehen und gewürdigt werden will.